Vorkaufsrecht zum Wohle der Stadt oder Insidergeschäfte? Stadt Bornheim verliert Prozess vor dem Verwaltungsgericht Köln! (1. erw. Fassung)

Das Urteil ist gesprochen, die Stadt hat verloren! Das Urteil ist rechtskräftig! Fazit: Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!

 

Gemäß § 24 Baugesetzbuch kann die Stadt in einen notariell abgeschlossenen Kaufvertrag zu gleichen Konditionen einsteigen und somit dem ursprünglichen Käufer den Erwerb des Grundstückes verweigern. Der Gesetzgeber hat hierzu strenge Verfahrensregelungen vorgegeben. Hier in Bornheim gibt es in kurzer Zeit schon drei Fälle, in dem die Stadt den Kauf eines Grundstückes durch die Anwendung von Vorkaufsrecht verhindert hat. Wir diskutieren im Rat der Stadt Bornheim seit längerem darüber, dass die Stadt der vorhandenen Wohnungsnot durch verstärkte und beschleunigte Schaffung von Bauland entgegen tritt.

Dagegen ist natürlich nichts einzuwenden. Es kann jedoch nicht sein, dass die Stadt Bornheimer Bürgern den Kauf eines Grundstücks verweigert, die nachweislich dort bauen wollen und die sogar eine Bauvoranfrage bei der Stadt gestellt haben.

Es kann doch nicht sein, dass das “Wohl der Allgemeinheit” nach Baugesetzbuch § 24 Absatz 3 so ausgelegt wird, dass dem Käufer die Bebauung durch Anwendung des Vorkaufsrechts untersagt wird, um dann zu einem späteren Zeitpunkt dort selbst zu bauen oder das Grundstück nach der späteren Aufstellung eines Bebauungsplanes an einen Investor mit Zugewinn für die Stadt weiter zu geben. So etwas ist für die ABB kein “Baulandmanagement” sondern ein unanständiges Insider- bzw. Spekulationsgeschäft zum Schaden der betroffenen Bornheimer Bürger.

Seit Mai 2015 streiten sich 2 Verkäufer von Grundstücken (Nähe Haltestelle Linie 16 in Hersel) mit der Stadt darüber, ob ein städtisches Vorkaufsrecht berechtigt ist. Im ersten Fall konnte sich die Stadt mit dem Verkäufer “einigen”. (5. und 6.) Im zweiten Fall kam es zur Klage des Käufers vor dem Verwaltungsgericht in Köln. Dieser Klage schloss sich die Verkäuferin an.

Am 01. Dezember 2020, 4 1/2 Jahre später, konnte nach vielfältigen Verzögerungen das Urteil gesprochen werden. (2.) Das Urteil fiel eindeutig zugunsten der Kläger aus. Nach ausführlicher Würdigung des Textes kann man sagen: Das ist nicht nur ein verlorener Prozess für die Stadt Bornheim sondern eine juristische Vorführung erster Klasse.

Jedes Ratsmitglied muss sich nun ernsthaft fragen, wer hat die Stadt in einen solchen Prozess getrieben und wer trägt daraus die persönlichen und finanziellen Konsequenzen? Die Stadt Bornheim hat eine Juristische Abteilung, hätte hier nicht ein Hinweis ausgesprochen werden müssen, dass diese beiden angewendeten Fälle von Vorkaufsrecht aus juristischer Sicht mit den damals vorgetragenen Begründungen (5.) nicht angewendet werden dürfen?

Als Ratsmitglied muss man sich von der Stadt Bornheim im konkreten Fall exorbitant falsch beraten fühlen. Da es sich um einen nichtöffentlichen Vorgang handelt, kann man leider hier nicht deutlicher werden.

Die Stadt Bornheim hat es auch 6 Wochen nach der Urteilsverkündung immer noch nicht für notwendig gehalten, die zuständigen Rats- und Ausschussmitglieder über den Ausgang des Prozesses zu informieren. Das ist in der Sache völlig unangebracht. Es ist eventuell auch noch zu befürchten, dass die Stadt trotz des vernichtenden Urteils womöglich auch noch Revision einlegt und damit den finanziellen Schaden vergrößert bzw. weiteres Ansehen in der Öffentlichkeit verspielt. Aus meiner Sicht kann die Stadt nur dann Widerspruch gegen das Urteil einlegen, wenn sie sich einen entsprechenden Beschluss des Rates bzw. des Ausschusses für Stadtentwicklung einholt, was bisher jedoch nicht erfolgt ist!

Aus diesem Grund habe ich das Urteil nun öffentlich zugänglich ins Internet  eingestellt. (2.)

In beiden Fällen ist den Klägern und auch dem Käufer eines Grundstückes, den man zu einer Lösung im Sinne der Stadt genötigt hat, eindeutig Unrecht und finanzieller Schaden entstanden. Es bleibt abzuwarten ob sich diese Einschätzung auch bei der Stadt einstellt und man entsprechend handelt.

Da ich als Rats- und Ausschussmitglied über viele nichtöffentliche Informationen verfüge, die dem Gericht nicht vorlagen, muss ich mir nun ernsthaft die Frage stellen, ob ich nicht verpflichtet bin Anzeige wegen offensichtlichen Falschaussagen der Vertreter der Stadt Bornheim im Prozess, erstatten muss. Es handelt sich hier um den 2. und 3. Textblock auf Seite 3 von 28 des Urteils. Ich habe den neuen Bürgermeister deshalb um ein zeitnahes Gespräch gebeten, was bisher nicht stattgefunden hat.

Nachtrag vom 02. März 2021: Inzwischen hat es ein klärendes Gespräch mit dem Bürgermeister gegeben. Die Stadt Bornheim hat das Urteil anerkannt und keinen Einspruch eingelegt. Damit ist das Urteil rechtskräftig geworden und kann nun zwischen den Verkäufern und dem Käufer abgewickelt werden. Im zweiten Fall, in dem man sich mit dem Käufer “geeinigt” hat, will die Stadt nichts unternehmen. Man ist der Meinung, dass die “Einigung”, die angeblich unter rechtsanwaltlicher Beratung auf beiden Seiten erfolgt sein soll, keine Aufhebung des getroffenen Vertrages zuließe. Die ABB-Fraktion, die sich seinerzeit den beiden Vorkaufsbeschlüssen nicht angeschlossen hat, ist auf Grund einzelner Passagen des Gerichtsurteils bestätigt worden. Inzwischen hat die Stadt (nur) die Fraktionsvorsitzenden (!) über den verlorenen Prozess informiert. Es hat sich gezeigt, die Stadt Bornheim ist eben nicht allmächtig und es lohnt sich eben doch, dem Gebahren der Stadt nicht in allen Punkten immer Folge zu leisten. Wie heißt es doch so schön: Wer sich nicht wehrt lebt verkehrt! Erschreckend für mich war die Aussage, man sei trotz des Urteils immer noch der Meinung, man habe nichts falsch gemacht.


Baugesetzbuch (BauGB) § 24 Allgemeines Vorkaufsrecht (4.)

Der Gemeinde steht ein Vorkaufsrecht zu beim Kauf von Grundstücken

  1. im Geltungsbereich eines Bebauungsplans, soweit es sich um Flächen handelt, für die nach dem Bebauungsplan eine Nutzung für öffentliche Zwecke oder für Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich im Sinne des § 1a Abs. 3 festgesetzt ist,
  2. in einem Umlegungsgebiet,
  3. in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet und städtebaulichen Entwicklungsbereich,
  4. im Geltungsbereich einer Satzung zur Sicherung von Durchführungsmaßnahmen des Stadtumbaus und einer Erhaltungssatzung,
  5. im Geltungsbereich eines Flächennutzungsplans, soweit es sich um unbebaute Flächen im Außenbereich handelt, für die nach dem Flächennutzungsplan eine Nutzung als Wohnbaufläche oder Wohngebiet dargestellt ist,
  6. in Gebieten, die nach § 30, 33 oder 34 Abs. 2 vorwiegend mit Wohngebäuden bebaut werden können, soweit die Grundstücke unbebaut sind, sowie
  7. in Gebieten, die zum Zweck des vorbeugenden Hochwasserschutzes von Bebauung freizuhalten sind, insbesondere in Überschwemmungsgebieten.

Im Falle der Nummer 1 kann das Vorkaufsrecht bereits nach Beginn der öffentlichen Auslegung ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst hat, einen Bebauungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen. Im Falle der Nummer 5 kann das Vorkaufsrecht bereits ausgeübt werden, wenn die Gemeinde einen Beschluss gefasst und ortsüblich bekannt gemacht hat, einen Flächennutzungsplan aufzustellen, zu ändern oder zu ergänzen und wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der künftige Flächennutzungsplan eine solche Nutzung darstellen wird.

(2) Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und von Erbbaurechten.
(3) Das Vorkaufsrecht darf nur ausgeübt werden, wenn das Wohl der Allgemeinheit dies rechtfertigt. Bei der Ausübung des Vorkaufsrechts hat die Gemeinde den Verwendungszweck des Grundstücks anzugeben.

Die ABB wurde seinerzeit von zwei durch Vorkaufsrecht geschädigten Grundstückskäufern um Hilfe gebeten. Der ABB liegt die ausdrückliche Zustimmung der beiden Käufer vor, die Schreiben der Stadt in der Sache Vorkaufsrecht ohne Schwärzung der Namen zu veröffentlichen. Wir sind schon damals  diesem Wunsch gefolgt. (5. und 6.)

Die ABB hat in der Vergangenheit und wird auch in der Zukunft nur dann einer Ausübung des städtischen Vorkaufsrechts zustimmen, wenn ein wirkliches “Wohl der Allgemeinheit” für ein Vorkaufsrecht der Stadt vorliegt. Das ist in den hier veröffentlichten Fällen eindeutig nicht gegeben. Deshalb wird die ABB auch in Zukunft in den Gremien der Stadt Bornheim derart unzulässig begründeten Vorkaufsrechten keine Zustimmung erteilen. (8.)

Wir empfehlen allen Bornheimern Bürgerinnen und Bürgern sich in vergleichbaren Fällen früh genug einen Rechtsbeistand zu besorgen  und einem unbegründeten und unzulässigem Vorkaufsrecht der Stadt energisch zu widersprechen bzw. auch gegen ein solches Vorkaufsrecht zu klagen.

Es kann auch nicht sein, dass eine Beschlussvorlage zum Beispiel am 04.05.2017 im Amt intern formuliert (getippt, verfasst etc.) wird, aber erst am 12.05.2017 in den Versand geht (Poststempel). Der Eingang bei den Ausschussmitgliedern erfolgt dann frühestens am 13.05.2017. Die entscheidende Ausschusssitzung ist aber schon am 17.05.2017. Die Stadt ist verpflichtet Beschlussvorlagen rechtzeitig (12 Tage vor der Sitzung) den Ausschussmitgliedern zur Verfügung zu stellen. Wir stellen zunehmend fest, dass die Stadt mit Absicht den Versand verzögert um die Zeitspanne der Beratungen der Ausschuss- bzw. Ratsmitglieder unzulässig zu verkürzen. Ein Beschluss, der unter diesem Begleitumständen gefasst wird ist aus unserer Sicht rechtlich unwirksam. Die ABB hat bzw. wird auch in Zukunft unter solchen Bedingungen die Absetzung von der Tagesordnung beantragen. (7.) 

NEU: Bild unten anklicken ergibt gut lesbare Vergrößerung!

Geschäftsordnung der Stadt Bornheim – §2 Ladungsfrist)

Die Einladung muss den Ratsmitgliedern spätestens am 12. Kalendertag vor dem Sitzungstag im Ratsinformationssystem zur Verfügung stehen bzw. per Post zugehen. Gleichzeitig sollen den Ratsmitgliedern auch die Erläuterungen (Sitzungsvorlagen) zur Verfügung stehen.


  1. Weitere Informationen:
  2. Urteil Verwaltungsgericht Köln (8K8418/17)
  3. Internetartikel der ABB zum Thema vom 15.Mai 2020
  4. Baugesetzbuch § 24
  5. Anhörung Moers vom 05.04.2017
  6. Bauvoranfrage Schmitz vom 25.02.2016
  7. E-Mail der ABB: Tagesordnungspunkt absetzten vom 15.04.2017
  8. Baulandmanagement und Vorkaufsrecht (Wahlprogramm Seite 17)

Schreiben Sie uns Ihre Meinung zum Thema Vorkaufsrecht.
Bitte benutzen Sie die Kommentarfunktion am Ende des Artikels.


 

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Georg Meier

    So kennen wir die Stadt Bornheim. Herrschen nach Gutsherrenart! (Der Gutsherr durfte nach eigenem Ermessen entscheiden, was nicht selten den Charakter von Willkür und Arroganz annehmen konnte.) Das dann auch noch Prozesse von betroffenen Bürgern provoziert werden, die die Stadt nicht gewinnen kann, setzt dem noch die Krone auf. So werden zu allem Überfluss auch noch Steuergelder durch Gerichtsverfahren verpulvert. Wenn das dann alles noch nicht reicht, kann man ja die Grundsteuern noch einmal erhöhen. Das nennt man dann verantwortungsvolles Umgehen mit Steuergeldern. Unglaublich!!!

Schreibe einen Kommentar